Die innere Haltung zählt – Warum Lernen bei uns selbst beginnt

Innere Haltung: Eine entspannte Frau im Büro streckt sich lächelnd am Arbeitsplatz, während Kollegen im Hintergrund arbeiten – Sinnbild für Wohlbefinden und Lernbereitschaft.

Was wäre möglich, wenn Sie in Ihrem Team Lernfreude wecken könnten – nicht durch Druck, sondern durch Überzeugung? Täglich treffen wir Entscheidungen, lösen Probleme, passen uns an. Doch selten nehmen wir uns Zeit, darüber nachzudenken, wie wir lernen – und welche Haltung wir dabei einnehmen. Dabei entscheidet gerade diese Haltung darüber, ob Menschen stagnieren oder über sich hinauswachsen. Wer mit Zuversicht und Neugier auf Herausforderungen blickt, reagiert anders auf Rückschläge, geht mutiger neue Wege und bleibt auch dann am Ball, wenn der Ausgang ungewiss ist.

Gerade in Unternehmen, die auf ständigen Wandel reagieren müssen, ist diese Lernhaltung kein „Nice-to-have“, sondern entscheidend. Denn Wissen ist längst nicht mehr das knappste Gut – es ist die Bereitschaft, sich zu entwickeln. Und genau hier liegt die gute Nachricht: Eine förderliche Lernhaltung lässt sich nicht nur erkennen, sondern aktiv gestalten.

Wenn Führungskräfte verstehen, was Menschen in die Lernzone bringt – und was sie davon fernhält –, eröffnen sich neue Möglichkeiten für Entwicklung und Zusammenarbeit. Es geht nicht darum, Defizite auszugleichen, sondern Potenziale freizulegen, die bereits vorhanden sind.

Doch was prägt diese innere Haltung? Welche Rolle spielen Selbstbild, Emotionen und Umfeld? Und wie lässt sich eine Lernkultur schaffen, die Menschen stärkt, statt sie zu hemmen?

Die innere Haltung umfasst die persönlichen Einstellungen, Werte und Überzeugungen, die unser Denken, Fühlen und Handeln im beruflichen Kontext prägen. Sie beeinflusst maßgeblich, wie wir Herausforderungen begegnen und mit anderen interagieren.

Eine positive innere Haltung fördert Offenheit für neue Erfahrungen und erleichtert das Lernen. Sie ermöglicht es, aus Fehlern zu lernen und sich kontinuierlich weiterzuentwickeln.

Führungskräfte mit reflektierter innerer Haltung schaffen ein Klima des Vertrauens und der Wertschätzung. Dies fördert die Zusammenarbeit und steigert die Motivation im Team.

Ja, durch Selbstreflexion und gezielte Auseinandersetzung mit den eigenen Werten und Überzeugungen kann die innere Haltung bewusst weiterentwickelt werden.

Methoden wie Coaching, Feedbackgespräche und Achtsamkeitstraining unterstützen dabei, die eigene Haltung zu erkennen und gezielt zu verändern.

Eine flexible und positive innere Haltung erleichtert es, Veränderungen anzunehmen und konstruktiv damit umzugehen. Sie fördert Anpassungsfähigkeit und Resilienz.

Die innere Haltung beeinflusst, wie Lernende Bildungsangebote wahrnehmen und nutzen. Eine offene Haltung fördert die Lernbereitschaft und den Lernerfolg.

Durch Beobachtung des Verhaltens, Feedbackgespräche und strukturierte Interviews können Unternehmen Einblicke in die innere Haltung ihrer Mitarbeitenden gewinnen.

Die Summe der inneren Haltungen der Mitarbeitenden prägt die Unternehmenskultur. Eine gemeinsame positive Haltung fördert ein konstruktives Arbeitsumfeld.

Durch die Einbindung von Reflexionsphasen, Diskussionen über Werte und praxisnahe Übungen kann die Auseinandersetzung mit der eigenen Haltung in Weiterbildungen gefördert werden.

Key Takeaways

  • Lernhaltung ist kein Charakterzug, sondern formbar.
    Sie entsteht im Zusammenspiel aus Selbstbild, Emotionen und Umfeld – und lässt sich bewusst gestalten und fördern.
  • Führungskräfte prägen Lernhaltung stärker als jede Maßnahme.
    Durch Sprache, Verhalten und Reaktion auf Fehler entscheiden sie, ob Lernen gefördert oder gehemmt wird.
  • Kleine Veränderungen im Alltag machen den Unterschied.
    Wer bewusst ermutigt, Sicherheit schafft und Lernfragen stellt, setzt entscheidende Impulse – ganz ohne große Programme.

Lernhaltung verstehen: mehr als Motivation oder Wille

Warum Haltung mehr ist als ein Mindset

Wie oft hören wir, jemand habe ein „offenes Mindset“ – oder eben nicht? Der Begriff wirkt vertraut, doch was genau bedeutet er eigentlich? Viele verstehen darunter eine Art festgelegte innere Einstellung, die schwer veränderbar sei. Genau hier liegt ein weit verbreiteter Irrtum. Denn Haltung ist kein fest verdrahtetes Persönlichkeitsmerkmal, sondern eine dynamische Reaktion auf unsere Umwelt, auf unsere Überzeugungen – und auf die Erfahrungen, die wir im Alltag sammeln.

„Unsere Haltung ist durchaus veränderlich. Sie wird direkt, schnell und meist unbewusst beeinflusst durch das Umfeld, in dem wir uns befinden, und durch konkrete Situationen, die uns in eine Abwehrhaltung triggern.“[1]

Zwar ist die Ausprägung einer Haltung individuell – doch sie lässt sich erkennen, verstehen und gezielt beeinflussen. Entscheidend ist dabei, wie wir Situationen interpretieren und welche Annahmen unser Denken und Handeln prägen.

Wissen ist nicht gleich Lernen – was hält uns zurück?

Woran liegt es, dass manche Menschen trotz umfangreichem Wissen kaum ins Tun kommen – während andere mit scheinbar wenig Vorwissen mutig neue Wege gehen? Der Unterschied liegt häufig in der Haltung zum Lernen selbst.

Denn Lernhaltung beeinflusst, ob wir bereit sind, Unsicherheiten auszuhalten, Fehler als Chance zu betrachten und neues Verhalten einzuüben – oder ob wir instinktiv ausweichen, bewährte Pfade nicht verlassen und uns vom Anspruch lähmen lassen, gleich alles perfekt zu können.

Lernhaltung wirkt auf mehreren Ebenen gleichzeitig:

  • Sie prägt unsere Wahrnehmung („Was sehe ich als Lernanlass?“)
  • Sie beeinflusst unsere Reaktion („Wie gehe ich mit Fehlern oder Kritik um?“)
  • Sie entscheidet über unsere Ausdauer („Wie lange bleibe ich dran, wenn es schwierig wird?“)

Diese Faktoren machen deutlich: Wissen allein reicht nicht. Entscheidend ist, wie offen wir sind, dieses Wissen weiterzuentwickeln – und wie viel innere Beweglichkeit wir im Lernprozess zulassen.

Und Ihre eigene Haltung – wie lernoffen ist sie?

Stellen Sie sich vor, jemand aus Ihrem Team äußert einen ungewöhnlichen Verbesserungsvorschlag. Wie reagieren Sie spontan – mit echtem Interesse oder mit einem vorsichtigen „Das haben wir schon probiert“? Diese erste Reaktion verrät viel über die eigene Haltung.

Frage an Sie: Welche Botschaft senden Sie im Alltag – fördern Sie Lernlust oder unbewusst eher Zurückhaltung?


Die Antwort liegt in den kleinen Signalen: in Gestik, Sprache, Feedback. Denn Haltung zeigt sich nicht erst im Jahresgespräch, sondern in jedem Meeting, jeder Rückmeldung, jedem Zuhören.

Gerade Führungskräfte prägen damit maßgeblich das Klima, in dem Lernen möglich ist – oder eben blockiert wird.

Haltung als Hebel erkennen – und gezielt entwickeln

Wer Lernen fördern will, braucht nicht nur Trainings oder neue Tools. Viel wirksamer ist es, bei sich selbst anzufangen. Denn Haltung lässt sich schärfen: durch Reflexion, durch bewusstes Feedbackverhalten – und durch das Verständnis, dass Veränderung ein Prozess ist, der zuerst im Denken beginnt.

Lernhaltung ist keine Begabung, sondern eine Entscheidung. Eine, die wir täglich neu treffen – individuell und im Team.

Selbstbild und Überzeugungen: Was wir über uns glauben, beeinflusst, wie wir lernen

Was denken Sie über Ihre eigenen Fähigkeiten?

Vielleicht haben Sie sich schon einmal bei einem Gedanken wie diesem ertappt: „Mathematik liegt mir einfach nicht“ oder „Kreativität ist nicht meine Stärke“. Solche Sätze wirken harmlos – und doch formen sie unser Selbstbild. Sie bestimmen, was wir uns zutrauen, wie wir auf Herausforderungen reagieren und ob wir Rückschläge als Hindernis oder Lernchance sehen.

Das Selbstbild wirkt wie ein innerer Kompass. Es beeinflusst, wie wir denken, fühlen und handeln – insbesondere in ungewohnten oder anspruchsvollen Lernsituationen.

Fixed vs. Growth Mindset – zwei Blickwinkel, zwei Wirklichkeiten

Die Psychologin Carol Dweck hat mit ihrer Forschung zur Motivation und Persönlichkeitsentwicklung aufgezeigt, dass es zwei Grundhaltungen gibt, mit denen Menschen auf Lernen blicken: das statische Selbstbild („Fixed Mindset“) und das dynamische Selbstbild („Growth Mindset“).

„Diese Haltung entscheidet, ob wir der Mensch werden, der wir sein wollen, und ob wir das erreichen, was wir uns vornehmen.“[1]

Während das statische Selbstbild davon ausgeht, dass Fähigkeiten angeboren und kaum veränderbar sind, vertraut das dynamische Selbstbild darauf, dass Entwicklung durch Übung, Fehler und Ausdauer möglich ist – und zwar für jede:n.

Zwei Denkweisen im Vergleich: Wie Selbstbilder Lernen beeinflussen

Ob wir glauben, dass Fähigkeiten angeboren oder entwickelbar sind, beeinflusst maßgeblich, wie wir lernen. Die folgenden Merkmale zeigen, wie sich ein statisches und ein dynamisches Selbstbild im Denken und Verhalten unterscheiden:

  • Auffassung von Fähigkeiten
    Menschen mit statischem Selbstbild glauben, dass Begabungen unveränderlich sind. Ein dynamisches Selbstbild geht davon aus, dass Fähigkeiten durch Übung und Einsatz wachsen können.
  • Umgang mit Herausforderungen
    Wer ein statisches Selbstbild hat, neigt dazu, schwierige Aufgaben zu vermeiden – aus Angst, zu scheitern. Menschen mit dynamischem Selbstbild sehen Herausforderungen als Möglichkeit zur Entwicklung.
  • Bedeutung von Fehlern
    Fehler gelten im statischen Selbstbild als Beweis mangelnder Eignung. Im dynamischen Selbstbild sind sie wertvolle Lernchancen.
  • Reaktion auf Feedback
    Feedback wird bei statischem Selbstbild häufig als persönliche Kritik empfunden. Bei dynamischem Selbstbild dient es der Verbesserung und Weiterentwicklung.
  • Motivation und Zielorientierung
    Menschen mit statischem Selbstbild wollen häufig beweisen, dass sie etwas „können“. Wer dynamisch denkt, konzentriert sich darauf, besser zu werden – unabhängig vom momentanen Leistungsstand.

Was können Sie konkret tun, um ein dynamisches Selbstbild zu stärken?

Stellen Sie sich vor: Sie oder jemand aus Ihrem Team scheitert an einer Aufgabe. Wie gehen Sie – bewusst oder unbewusst – damit um? Erkennen Sie darin einen Beweis für mangelnde Eignung? Oder eine Gelegenheit, zu lernen?

Die gute Nachricht: Unsere innere Haltung ist kein starres Konstrukt. Sie lässt sich verstehen, reflektieren – und gezielt in Richtung Lernhaltung weiterentwickeln. Und zwar nicht nur rational, sondern auch emotional. Entscheidend ist die Frage, welche Geschichte wir uns selbst erzählen: Bin ich jemand, der etwas noch nicht kann – oder jemand, der es lernen kann?

Drei konkrete Schritte, um das dynamische Selbstbild im Alltag zu fördern

  1. Erkennen Sie Ihre eigenen Denkfallen. Hören Sie auf Ihre innere Stimme – wo blockieren Sie sich mit „Das kann ich nicht“?
  2. Nutzen Sie konstruktive Sprache. Sätze wie „Noch nicht“ oder „Das lässt sich lernen“ machen den Unterschied.
  3. Stärken Sie Lernkultur durch Vorbild. Zeigen Sie im Team, dass Lernen durch Anstrengung wertvoll und erwünscht ist.

Gerade in Führung und Zusammenarbeit ist das entscheidend. Denn die Haltung der Einzelnen wird durch das gemeinsame Umfeld geprägt – und umgekehrt. Wer eine wachstumsorientierte Haltung vorlebt, gibt anderen die Erlaubnis, sich mitzuentwickeln.

Emotionen als Türöffner oder Lernblockade

Was passiert, wenn Lernen nicht gelingt?

Manchmal ist alles da: Fachwissen, Zeit, sogar ein gutes Team. Und doch scheint Lernen zu stocken. Woran liegt das? In vielen Fällen lautet die Antwort: Emotionen. Denn wie wir lernen, hängt nicht nur von unserem Selbstbild oder den äußeren Bedingungen ab – sondern wesentlich davon, wie sicher oder bedroht wir uns innerlich fühlen.

Diese emotionale Ebene wirkt oft subtil – und gerade deshalb so kraftvoll. Sie entscheidet, ob wir in einen offenen, lernbereiten Zustand gelangen oder in eine Haltung der Abwehr und des Rückzugs.

Das State-of-Mind-Modell: Warum die gleiche Person unterschiedlich lernen kann

Im Buch „Lernen leben“ beschreibt Sabrina Malter das von ihr entwickelte State-of-Mind-Modell, das auf psychologischer Forschung basiert (u. a. Boyatzis, Gray, Edmondson). Es erklärt, warum ein und dieselbe Person je nach Umfeld ganz unterschiedlich agieren kann – engagiert oder passiv, kreativ oder verschlossen.

„Ein verschlossener, abwehrender State of Mind […] wird durch Ängste und gefühlte Bedrohungen ausgelöst […] wie ein Mangel an Wertschätzung oder eingeschränkte Kontrolle über den eigenen Arbeitsalltag.“[1]

In diesem Zustand sind wir nicht offen für neue Impulse. Wir wollen dann keine Fehler riskieren, vermeiden Gespräche – und lernen fast nichts mehr.

Offener oder verschlossener Lernzustand – woran erkennt man den Unterschied?

Ob wir in einem offenen oder verschlossenen Zustand sind, entscheidet darüber, wie wir Informationen aufnehmen, mit Rückschlägen umgehen – und ob wir überhaupt bereit sind, zu lernen. Die folgenden Merkmale zeigen, wie unterschiedlich sich diese Zustände äußern können:

  • Emotionale Grundhaltung
    Ein offener Lernzustand ist geprägt von Neugier, Zuversicht und Gestaltungswillen. Im verschlossenen Zustand dominieren Angst, Unsicherheit oder Erschöpfung.
  • Umgang mit Feedback
    Wer offen ist, betrachtet Rückmeldungen als wertvolle Hinweise zur Verbesserung. In einem verschlossenen Zustand wird Feedback schnell als Angriff empfunden.
  • Verhalten im Team
    In einem offenen Zustand beteiligen sich Menschen aktiv, stellen Fragen und bringen Ideen ein. Ein verschlossener Zustand zeigt sich oft in Schweigen, Rückzug oder vorschnellem Zustimmen.
  • Wahrnehmung von Herausforderungen
    Offene Menschen sehen Herausforderungen als Entwicklungschance. Verschlossene hingegen nehmen sie als potenzielle Bedrohung wahr – oder als Risiko, das es zu vermeiden gilt.
  • Lernwirksamkeit
    Offene Zustände begünstigen echtes Lernen, da Fehler reflektiert und integriert werden können. Verschlossene Zustände blockieren diesen Prozess – Lernen wird vermieden oder lediglich oberflächlich.

Drei Impulse, wie Sie emotionale Lernblockaden auflösen können

Vielleicht fragen Sie sich: Wie gelingt es, im Team mehr Offenheit zu fördern, auch wenn der Druck steigt? Hier setzen gezielte Maßnahmen an – nicht auf der reinen Verhaltensebene, sondern bei der emotionalen Wahrnehmung.

  1. Wertschätzung konkret machen. Lob muss spürbar und glaubwürdig sein. Fragen wie „Was hat dir daran Freude gemacht?“ öffnen Lernräume.
  2. Psychologische Sicherheit stärken. Fehler dürfen benannt werden, ohne Angst vor Bloßstellung. Das ermutigt zur echten Auseinandersetzung.
  3. Trigger erkennen und entschärfen. Welche Situationen erzeugen bei Ihnen oder im Team spontan Abwehr? Genau hier liegt der Hebel zur Veränderung.

Denn genau hier zeigt sich Führung: Nicht in der Kontrolle von Verhalten, sondern in der bewussten Gestaltung von emotionalem Raum, der Lernen ermöglicht.

Fazit: Gefühle sind kein Soft-Thema – sie entscheiden über Lernfähigkeit

Ob wir mutig neue Ideen ausprobieren oder vorsichtig schweigen, ob wir Feedback willkommen heißen oder es meiden – all das hängt direkt mit unseren Emotionen zusammen. Wer die Wirkung emotionaler Zustände versteht, kann gezielt dafür sorgen, dass Menschen wieder in ihre Lernzone gelangen.

Denn: Lernen ist nicht allein eine kognitive, sondern immer auch eine emotionale Entscheidung.

Der Einfluss der Führungskraft: Haltung wirkt – bewusst oder unbewusst

Wie viel Zutrauen vermitteln Sie – auch wenn Sie nichts sagen?

Führung ist Kommunikation – und Kommunikation ist mehr als Worte. Ob Mitarbeitende offen lernen oder sich zurückziehen, hängt entscheidend davon ab, wie sie sich in ihrem Umfeld fühlen. Besonders in herausfordernden oder unsicheren Situationen braucht es ein klares Signal: „Ich traue dir zu, dass du das lernst.“

Doch viele dieser Signale wirken nicht explizit – sondern unbewusst. Schon der Tonfall, der Blick, das Ausbleiben von Rückmeldung kann beim Gegenüber den Eindruck hinterlassen: „Hier ist kein Raum für Unsicherheit.“ Und genau das bremst Lernen aus.

„Wenn wir an das Potenzial glauben und [Menschen] ermutigen, helfen wir ihnen in die Lernhaltung und unterstützen sie, ihr Potenzial zu entfalten.“
[1]

Deshalb stellt sich für jede Führungskraft eine zentrale Frage: Welche Haltung spiegeln Sie – auch wenn Sie gerade gar nicht führen wollen?

Führung wirkt immer – sogar durch Schweigen

Ob Feedbackgespräch oder Projektmeeting – die Haltung der Führungskraft wird stets wahrgenommen. Selbst wenn sie nicht verbalisiert wird. Studien und Praxisbeispiele zeigen: Vertrauen, Ermutigung und Interesse setzen Energie frei. Kontrolle, Bewertung und Ignoranz hingegen führen häufig zu Rückzug und Abwehrhaltung.

Im Buch „Lernen leben“ erzählt die Autorin über eine Mitarbeiterin eines Unternehmens, die sich an einen Satz ihres Chefs erinnert, den sie nie vergessen hat: „Kein Problem, dass du das noch nie gemacht hast. Ich weiß, du kannst es lernen.“ Dieser beiläufig gesagte Satz wurde für sie zum Wendepunkt – sie entfaltete ihr Potenzial, weil jemand es ihr zutraute.

Wie Führung Lernhaltung im Alltag stärkt – oder blockiert

Führung wirkt immer – durch Worte, durch Verhalten, durch Reaktionen. Die folgenden Beispiele zeigen, wie alltägliche Führungssignale die Lernhaltung von Mitarbeitenden prägen – im positiven wie im negativen Sinne:

  • Ermutigende Aussagen wie „Du kannst das lernen“
    stärken das Zutrauen der Mitarbeitenden und signalisieren: Entwicklung ist gewünscht – auch jenseits bestehender Kompetenzen.
  • Interesse am Denkprozess („Wie bist du auf die Lösung gekommen?“)
    fördert Reflexion und zeigt Wertschätzung für individuelle Herangehensweisen – nicht nur für Ergebnisse.
  • Regelmäßiges, konstruktives Feedback
    macht Fortschritt sichtbar, unterstützt Lernziele und fördert Eigenverantwortung.
  • Ignoranz oder Abwertung von Ideen
    senkt das Vertrauen, hemmt Initiative und lässt Lernimpulse schnell versanden.
  • Übermäßiger Bewertungsdruck
    erzeugt Angst vor Fehlern, blockiert offenes Denken – und lässt Lernen zur Verteidigungsstrategie werden.

Drei Schritte, wie Führung Haltung konkret beeinflusst

  1. Sprache bewusst wählen. Wörter wie „Fehler“ oder „Versagen“ durch „Rückmeldung“ oder „Zwischenergebnis“ ersetzen – das verändert die Atmosphäre.
  2. Zutrauen vermitteln – auch nonverbal. Eine offene Körperhaltung, echtes Zuhören und Ruhe bei Unsicherheit sprechen oft lauter als jedes Lob.
  3. Fragen statt Antworten geben. Wer fragt wie „Was möchtest du aus dieser Aufgabe lernen?“, stärkt Eigenverantwortung und öffnet Denkraum.

Diese kleinen Impulse wirken im Alltag oft stärker als große Programme. Denn Haltung zeigt sich im Kleinen – und sie prägt das Klima, in dem Menschen wachsen können.

Fazit: Führung ist der Rahmen, in dem Lernhaltung entstehen kann

Führungskräfte sind keine alleinigen Problemlöser. Aber sie sind Raumgeber für Entwicklung. Ihre Haltung legt fest, ob im Team Sicherheitsdenken oder Lernmut vorherrscht. Und sie entscheiden, ob aus einem Fehler eine Schwäche – oder ein Sprungbrett wird.

Was trauen Sie Ihrem Team heute zu, das Sie gestern noch zurückgehalten haben?

Praxisimpulse: So lässt sich Lernhaltung im Alltag stärken

Ist Ihre Lernumgebung ein Sprungbrett – oder eine Stolperfalle?

Lernhaltung entsteht nicht im luftleeren Raum. Sie ist das Ergebnis täglicher Erfahrungen – in Gesprächen, Meetings, Projektstarts oder Rückschlägen. Genau deshalb liegt in der bewussten Gestaltung dieser Situationen ein enormer Hebel für Entwicklung. Schon kleine Änderungen im Umgang miteinander können große Wirkungen entfalten.

Aber wie können Sie ganz konkret anfangen – im eigenen Führungsalltag, ohne zusätzliche Programme oder großen Aufwand?

Drei Ebenen, auf denen Sie Lernhaltung wirksam stärken können

Im Buch „Lernen leben“ wird unterschieden zwischen der rationalen, der emotionalen und der methodischen Ebene. Alle drei wirken zusammen – und bieten praktische Anknüpfungspunkte, auch im stressigen Alltag.

„Wir können unsere Haltung und die anderer Menschen auf dreierlei Art in Richtung Lernhaltung beeinflussen.“
[1]

Sieben konkrete Praxisimpulse für den Alltag

Manchmal braucht es keine großen Programme – sondern klare Signale im täglichen Miteinander. Die folgenden Impulse lassen sich direkt in den Führungsalltag integrieren:

  1. Nutze bewusst das Wort „noch“
    Statt „Ich kann das nicht“ – lieber: „Ich kann das noch nicht.“ Das öffnet Denkräume und zeigt Entwicklungspotenzial auf.
  2. Stelle Lernfragen, keine Kontrollfragen
    Frage z. B.: „Was hast du daraus gelernt?“ statt „Warum hat das nicht funktioniert?“. Das lenkt den Fokus weg von Schuld – hin zur Erkenntnis.
  3. Lege eine Intentionspause ein
    Nimm dir einen Moment Zeit, bevor du auf Fehler oder Unsicherheit reagierst – und frage dich: Was will ich mit meiner Reaktion bewirken?
  4. Reflektiere regelmäßig – auch in stressigen Phasen
    Kurze Rückblicke im Team oder allein („Was lief gut? Was nehme ich mit?“) stärken Selbstwirksamkeit und fördern kontinuierliches Lernen.
  5. Pflege eine Haltung aufrichtiger Freundlichkeit
    Freundlichkeit im beruflichen Kontext stärkt Resilienz und wirkt verbindend – besonders in herausfordernden Situationen.
  6. Sprich offen über Fehler – ohne Schuldzuweisung
    Wer über Fehler redet, entstigmatisiert sie und macht daraus einen echten Lernmoment – für sich selbst und für andere.
  7. Achte auf psychologische Sicherheit im Team
    Schaffe ein Klima, in dem Fragen erlaubt, Rückmeldungen willkommen und Fehler kein Tabu sind – das ist die Grundlage jeder Lernhaltung.

Was können Sie morgen konkret anders machen?

Die Praxisimpulse wirken nicht durch Einmalmaßnahmen. Entscheidend ist die Regelmäßigkeit – und Ihre Haltung dahinter. Frage an Sie: Welcher dieser sieben Punkte wäre in Ihrem Team aktuell am wichtigsten? Und was hält Sie bisher davon ab, ihn umzusetzen?

Der Weg zur gestärkten Lernhaltung beginnt nicht mit einem Kick-off-Workshop, sondern mit einem Satz … einer Geste … einer kleinen Veränderung im Alltag.

Fazit: Kleine Veränderungen, große Wirkung

Lernhaltung ist nicht das Ergebnis eines Persönlichkeitscoachings. Sie wächst mit jedem ermutigenden Satz, jeder respektvollen Frage und jeder Situation, in der Menschen erleben: Hier darf ich wachsen. Wer diese Erfahrung ermöglicht, verändert nicht nur Haltung – sondern Kultur.

Haltung entscheidet – über Richtung, Tiefe und Wirkung von Lernen

Lernprozesse scheitern selten an fehlendem Wissen. Viel häufiger liegt es an der Haltung, mit der Menschen sich Herausforderungen nähern. Wer glaubt, etwas lernen zu können, reagiert anders auf Rückschläge, bleibt länger dran – und nutzt Feedback als Chance statt als Kritik.

Wie wir denken, fühlen und führen, prägt diese Haltung. Sie entsteht nicht im Einzelnen, sondern im Zusammenspiel: zwischen Selbstbild, Emotionen und dem täglichen Miteinander. Vor allem Führungskräfte nehmen hier eine Schlüsselrolle ein – oft allein durch das, was sie zulassen oder signalisieren.

Die gute Nachricht: Lernhaltung ist formbar. Durch Sprache, durch Reflexion – und durch die bewusste Gestaltung der vielen kleinen Momente, in denen Lernen stattfinden kann oder verhindert wird.

Und genau hier liegt die eigentliche Kraft: Wer Lernhaltung stärkt, schafft den Nährboden für Veränderung. Für Innovation. Und für Zusammenarbeit, die nicht nur funktioniert – sondern wächst.

Ausblick: Wenn aus Haltung Kultur wird

Doch Haltung allein reicht nicht. Sie wirkt nur nachhaltig, wenn sie in einem Umfeld stattfindet, das Lernen nicht nur erlaubt, sondern strukturell unterstützt. Genau darum geht es im nächsten Teil dieser Serie: Wie entsteht eine Lernkultur, die mehr ist als ein gutes Gefühl – sondern ein echter Erfolgsfaktor für Teams und Unternehmen?

Wir schauen auf Rahmenbedingungen, auf psychologische Sicherheit und auf konkrete Ansatzpunkte, wie Sie als Führungskraft Lernkultur aktiv gestalten können.

Bleiben Sie neugierig – wir bleiben dran.

Fußnoten

[1]Zitate aus: Sabrina Malter (2025) „Lernen leben – Ein Praxisleitfaden zu Lernkultur und Lernkompetenz für Führungskräfte und Change Agents“, Springer-Verlag (Link)

Quellen

Foto oben: © TriangleProd / Freepik.com (Link)